Jahreshauptversammlung Geschichtsverein Hamm

Ein offener und kritischer Blick

Bericht des Westfälischen Anzeigers vom 12.10.23 über die Veranstaltung zum 30-jährigen Vereinsjubiläum. Autor: Markus Liesegang

Vielen Dank für die Berichterstattung!

„Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, ist blind für die Gegenwart“, zitierte Monika Simshäuser am Dienstagabend den früheren Bundespräsidenten Richard von Weizäcker in der Feierstunde zum 30-jährigen Bestehen des Geschichtsvereins Hamm.

„Wehret den Anfängen“ setzte die Vorsitzende des Kulturausschusses mit Bezug auf die Erfolge der rechtsextremen AfD am Wahlsonntag nach. Simshäuser dankte dem Verein im Sitzungssaal des Technischen Rathauses in ihren Grußworten für den offenen und kritischen Blick auf die Geschichte der Stadt Hamm während der Nazi-Zeit. Die Zahl von sechs Millionen Toten in den Geschichtsbüchern sei abstrakt, unfassbar. Sie hätte das Grauen der Judenverfolgung dann mit dem Gesicht der jungen Anne Frank im Deutschunterricht tatsächlich realisiert. „Es ist die Macht der Bilder, die bleibt“, so Simshäuser. Der Geschichtsverein habe dieses umgesetzt, vor allem mit der Installation der Stelen zur Stadtgeschichte und mit der Verlegung von Stolpersteinen.

Elisabeth Morschek hatte zuvor über 60 Mitglieder, darunter acht der ersten Stunden, im Sitzungssaal begrüßt. Die Vereinsvorsitzende erinnerte an ihre Vorgänger Peter Drewer und Jürgen Lange. „Sie sind viel zu früh verstorben“, unterstrich sie die Bedeutung der beiden für die Entwicklung des Vereins. Darauf baute Dr. Karl Faulenbach auf. Im Zwiegespräch mit der stellvertretenden Vorsitzenden Ute Knopp blickte der frühere Volkshochschulleiter und Kulturdezernent auf die Entstehung des Geschichtsvereins zurück – und eben auf Langes Engagement.

Geschichte von unten erzählt

„Geschichte von unten erzählt“, die Idee einer Geschichtswerkstatt, ursprünglich aus Schweden, hätte er damals aus Dortmund importiert. Bürger sollten die Geschichte ihrer Nachbarschaft recherchieren und erzählen. Es entstand das Hammer Lesebuch.

„Dann mach es doch selbst“, hätte er Anfang der 90er Jahre der Forderung von Dr. Diethard Aschoff, einen Geschichtsverein zu gründen, entgegnet. Der Geschichtslehrer am Hammonense entschwand nach Münster, der Ball lag wieder auf der Seite von Faulenbach. Warum Geschichtsverein, wo es doch in jedem Stadtteil einen Heimatverein gebe, fragte Knopp. Es sollte einen Kümmerer für die Historie der gesamten Stadt geben.

„Ich weiß, dass die Bockum-Höveler am liebsten die Lippebrücken gesprengt hätten“, unkte er mit Blick auf die lange nachhallenden Widerstände nach der Zwangsheirat im Zuge der Kommunalreform 1975. Am Dienstagabend zeigte sich ein anderes Bild. Vertreter aller Ortsteile feierten mit – und sie arbeiten auch im Verein mit. Als markantes Zeichen des Engagements aller nannte Faulenbach das gegen viele Ressentiments errichte Synagogen-Denkmal auf dem St. Monika-Platz in der Mitte.

Zur Mitgliedschaft gehöre immer Neugierde, betonte Morschek angesichts „vieler neuer Mitglieder“ im Saal. Die Interessen befriedigten auch die jährlichen Exkursionen, zum Beispiel die Unter Tage auf Bergwerk Ost. „Wir kamen heraus, als ob wir tatsächlich gearbeitet hätten“, erinnerte sich Dr. Maria Perrefort an die Spuren „Hammer Fettkohle“.